Nordhausen
im Nationalsozialismus – Ein historischer Wegweiser

Die Gesetze zur Gleichschaltung der Länder verfügten im Frühjahr 1933 die Auflösung der Landtage. Ihre neue Zusammensetzung richtete sich nach den Stimmverhältnissen der Reichstagswahl vom 5. März 1933 im jeweiligen Land. Die Stimmen, die auf die KPD entfallen waren, wurden dabei von vornherein ausgeschlossen. Die Nationalsozialisten setzten dieses Verfahren auch in den Regionalverwaltungen durch: Von den Kreistagen bis zu den Gemeinderäten verschoben sich auf diese Weise die Mehrheitsverhältnisse ohne demokratische Wahlen zu Gunsten der NSDAP. Für viele Parteimitglieder eröffnete sich damit die Chance, aus der "Machtergreifung" persönlichen Vorteil zu ziehen und auf freigewordene Posten nachzurücken. Langfristig dienten diese Maßnahmen der Zentralisierung der Staatsmacht nach dem "Führer"-Prinzip.

Auch in Nordhausen ging die NSDAP unverzüglich daran, die Gleichschaltung der lokalen Verwaltung zu realisieren. Bereits eine Woche nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933, bei der die NSDAP in Nordhausen mit über 46 Prozent der Stimmen im reichsweiten Vergleich überdurchschnittlich gut abgeschnitten hatte, erfolgte die Auflösung der Stadtverordnetenversammlung. Der linksliberale Oberbürgermeister Dr. Curt Baller und der sozialdemokratische Stadtrat Albert Pabst wurden, wie andere Kommunalpolitiker, die nicht der NSDAP angehörten, abgesetzt. Ähnlich erging es mehr als der Hälfte der Stadtverordneten, die in den folgenden Wochen aus der Versammlung ausgeschlossen wurden.

Der Ausschluss aller oppositioneller Parteien aus dem politischen Geschehen ging einher mit einer Verhaftungswelle gegen deren Mitglieder, der Beschlagnahmung von Parteibesitz und der Enteignung von Immobilien. Das Partei-Konto der Nordhäuser KPD wurde konfisziert und die darauf verbliebenen 3,10 Reichsmark eingezogen. Die neuen Nordhäuser Machthaber beschlagnahmten selbst Fahrräder und Radiogeräte, um "kommunistische Bestrebungen" zu unterbinden. Mit der Wahl des ersten nationalsozialistischen Oberbürgermeisters und langjährigen Parteimitgliedes Heinz Sting am 26. Juni 1933 trat in der Nordhäuser Verwaltung das "Führer"-Prinzip in Kraft. Von nun an waren, wie es in einer kommunalen Verwaltungsvorschrift von 1937 hieß, "die Entscheidungen des Leiters der Gemeinde alleinbestimmend".