Nordhausen
im Nationalsozialismus – Ein historischer Wegweiser

Die protestantische Kirche Deutschlands spaltete sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in zwei Hauptströmungen, deren Konflikt im Kirchenkampf der 1930er Jahre gipfelte. Die "Deutschen Christen" folgten in ihren kirchenpolitischen Zielen den Nationalsozialisten und teilten deren "Führer"-Prinzip und Rassenideologie. Sie erreichten bei den Kirchenwahlen 1933 die absolute Mehrheit in der Führungsebene der deutschen evangelischen Kirche. Die als Gegenbewegung entstandene "Bekennende Kirche" versuchte, die evangelischen Glaubensgrundsätze zu schützen, akzeptierte aber den administrativen Führungsanspruch der "Deutschen Christen" in hohen Kirchenämtern.

In Nordhausen wurde die Ortsgruppe der "Deutschen Christen" im Juni 1933 unter anderem von Superintendent Theodor Hammer und Pfarrer Trautmann gegründet. Trautmann, Pfarrer der St.-Blasii-Gemeinde, sorgte - wie auch anderenorts im Deutschen Reich üblich - von nun an dafür, dass bei feierlichen Anlässen an kirchlichen Gebäuden die Kirchen- und die Hakenkreuzfahne gehisst wurden. Seine Ehefrau führte als Ortsbeauftragte des "Reichsmütterdienstes" im Blasii-Gemeindehaus sogenannte "Mütterschulungen" durch. Hinter der gemeinnützigen Fassade dieser Kurse standen ideologische Zielsetzungen: Frauen sollten sich ihren Platz in der "Volksgemeinschaft" durch möglichst viele Geburten von "erbgesunden" Kindern und deren nationalsozialistische Erziehung verdienen.

Das Martini-Fest am Luthertag 1933 nutzte die NSDAP zu einer Propagandaveranstaltung. Superintendent Hammer, Oberbürgermeister Sting und der thüringische Gauleiter Sauckel hielten auf dem Adolf-Hitler-Platz am Rathaus Ansprachen. Am selben Abend fand eine öffentliche Bücherverbrennung statt, die von der Hitler-Jugend organisiert wurde.
Im Dezember 1933 wurde in Nordhausen von den Gegnern der "Deutschen Christen" die "Bekenntnisfront" gegründet. Bis 1945 gehörten rund 90 Personen dieser Ortsgruppe der "Bekennenden Kirche" an. Allerdings trat kein aktiver Pfarrer für die Oppositionsbewegung ein, so dass in Nordhausen keine Kirchengemeinde die Idee der "Bekennenden Kirche" offiziell vertrat.